Wasser

Fr, 24. September 2010

Gelegentlich kaufen wir eine Tageszeitung. In Espinar, lesen wir, gibt es Proteste gegen ein Wasserprojekt, das Wasser nach Arequipa bringen soll, unter Regie eines Privatunternehmens. Die Organisatoren kündigen die Ausweitung der Proteste an, vermerkt 'El Sol' besorgt.
Einige Tage darauf wieder 'El Sol': In Espinar hat es bei Auseinandersetzungen wegen des Wasserprojekts schwer Verletze gegeben, die in Krankenhäuser nach Arequipa und Cusco gebracht wurden. Sogar von Todesopfern ist die Rede. Der Kommentator von El Sol fordert, die Regierung müsse die Gewalt in Espinar stoppen und zwar dadurch, dass sie die Wasserpläne annuliert.
Dann geht es endlich zum Machu Pichu und wir vergessen Espinar.
Das Wasser, sagt unser Guide in Macu Pichu, sei für die Inkas das wichtigste gewesen. Ich langweile mich. Alle Kultur beruht ja, wenn man so will, auf Agrarüberschuss. Das braucht Sonne, Wasser und Boden. Sonne hat es in Südamerka genug, der Boden muss den Bergen durch Terrassenbau abgetrotzt werden, das Wasser durch Bewässerung. Ja klar.
Ein anderes Thema drängt in den Vordergrund. Ein Gerücht zuerst. Die Bahn fährt morgen nicht. Auch übermorgen nicht. Warum? Paro. Paro? Streik. Zwei Tage wollen wir nicht in Aquas calientes festsitzen, außerdem verpassen wir dann den nächsten Flug.
Es gibt einen Notfahrplan mit zusätzlichen Zügen aus Aquas calientes heraus. Wir erwischen einen Platz im letzten, der um 22 Uhr fährt. Um 3 Uhr nachts sind wir schließlich wieder in Cusco im Hotel.
Am nächsten Vormittag gehen wir zum Hauptplatz. Auf den Straßen sieht man kein einziges Auto, die Läden sind fast alle geschlossen. Auch das städtische Museum ist geschlossen, 'por razones de seguridad'. Das scheint die Formel zu sein, unter der man streiken kann ohne ausdrücklich zu streiken. Generalstreik in der Region Cusco. Es fährt kein Bus und kein Taxi.
Als wir die Demonstranten sehen fällt mir als erstes der Sarg auf den sie tragen: 'Justicia por Espinar'. Da auf einmal fallen die Puzzleteile zusammen. Machu Pichu, Espinar, Cusco. Vergangenheit und Gegenwart. Eine bäuerliche Gesellschft, in der die Auseinandersetzung ums Wasser bis heute jeden Einsatz wert ist. Wenn man die Demonstranten sieht wird sofort klar, dass hier wirklich das Volk auf der Straße ist.
Manche Transparente sind ein wenig verwickelt: 'Ressourcen muss man verteidigen, nicht verkaufen'. Ein Transparent aber konzentriert die Sache in nur drei Worten: Agua o Muerte.

Nachtrag: In Peru ist Wahlkampf. Irgenwo wird uns ein Werbezettel eines Kandidaten in die Hand gedrückt. Punkt 1 seiner Agenda: Agua potable para todos a las 24 horas el dia.

Demonstration
leere Strasse
Demonstranten 1
Demonstranten 2
am Rande der Demo
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Agua o Muerte